Nach einer sehr guten ruhigen Nacht und mit einem wunderbaren Blick zum Kloster von Lamayuru wachte ich auf. Unter meinem Fenster blühten prächtig die Gartenblumen.
Wir brachen früh auf, um die lange Streckenweise über 3 Pässe um 4000 m und bis Sonamarg gut zu schaffen. Wie alle Tage hatten wir schon wieder Wetterglück.
Auf bestens ausgebauter Straße schlängelten wir uns durch die Berge. Wieder beeindruckten die tiefen Schluchten und die interessanten bunten und bizarren Felsaufbauten. Hier hat die Kraft der Tektonik ganze Arbeit geleistet.
Auf dem bald erreichten Fotu La hatten wir einen schönen Blick, die Gebetsfahnen wehten die wichtigen Mani in den Wind. Der Fotu La ist der höchste der Pässe an diesem Tag und der ganzen Leh – Srinagar- Route mit 13479 ft. Karg und bedrohlich sahen die Bergrücken aus, weite Ebenen lagen wüstenartig vor uns. Durch die vielen Farben und die strahlende Sonne aber genoss ich die Fahrt sehr. Gelegentlich lag eine kleine grüne Oase an einem Gletscherflüsschen oder unten am größeren Fluss. Je näher wir der Stadt Kargil kamen, um so mehr nahm die Präsenz des Militärs zu. Quasi an jeder Ecke stand irgendetwas Olivgrünes. Ab hier war Fotografieren und Filmen verboten. Touristen werden wohl stichprobenartig kontrolliert.
Entlang des großen Kargil brachte uns die weiter gut ausgebaute Straße nach Bras. Beim Essensstopp wandelte sich mein Eindruck schlagartig. Die Frauen waren verschleiert, die Männer stellten sich direkt vor mich und stierten – wir waren im moslemischen Teil von Jammu-Kaschmir angekommen.
Unser Guide Abdul lebte ab hier sichtlich auf. Hier begann seine Heimat. Für mich begann hier die Zeit, an die Sonnenbrille zu denken.
Nun wurde die Straße wieder deutlich schlechter. Ursprünglich war hier wohl mal Asphalt, manchmal auch gepflastert. Durch viel Geröll, das die Flüsse bei Hochwasser mitbringen ist ein Großteil der Straße wieder zu einer schlechten Naturstraße geworden. Aber es ist fast eben und das Fahren nicht schwierig. Weiter bergauf geht es aber dann doch, noch liegt der Zoji La mit 3500 m vor uns. Er ist damit nicht besonders hoch, aber ein wichtiger, weil außer Manali-Leh einziger, Übergang für das Militär und den Zugang nach Ladakh. Umso mehr wunderte mich der wirklich schlechte Zustand. Die nördliche Auffahrt ist noch ganz ok. Schluchten, grazile Felsen, raue Bergwelten – hier könnte ich länger bleiben. Leider düst die Gruppe wieder durch.
Auf der Südseite geht es spektakulär nach unten. Die Zufahrt ist für die Trucks als Einbahnregelung alle 60 min gesperrt. Das hat seinen Grund. Die Strecke ist weitgehend einspurig, unbefestigt, sehr steil und tief hinunter gehend am Hang gelegen. Bei Regen sicherlich sehr, sehr schwierig, diese engen Serpentinen zu bewältigen. Nun war es vor allem staubig. Ich hielt im Zweifel bei Gegenverkehr an, riskantes Fahren hat hier nichts zu suchen. Außerdem musste man ja immer wieder gucken. Unter uns lag schon das Tal des Sind. Wer gletscherkaltes anspruchsvolles Wildwasser sucht wäre hier richtig. So schön anzuschauen ist dieser schnelle Fluss in seinem oft engen verblockten Bett. Geraftet wird hier wohl regelmäßig.
Sonamarg ist ein Durchgangs- und Pausenort für Trucker und Businsassen, aber auch Ziel für Outdoorer, die auf dem Gletscher und in den Felsen klettern möchten. Wir fuhren zu zweit abends noch zum Ausgangspunkt der Gletschertouren. Für die Normaltouristen standen hier Pferde bereit, auf denen man nach oben geführt wird. Wir wurden gleich freudig begrüßt und ermutigt, Mützen, Tee, Andenken zu kaufen. Die Mopeds wurden begrabbelt, ich hielt mich lieber in der Nähe meines Mitfahrers. Schnell standen 10 Männer nah um mich herum, Kinder zuppelten an den Klamotten.
Bei meiner ersten Reise nach Indien war genau das einer der besonders anstrengenden Punkte. Ich hatte gehofft, dass ich nun, Jahre später, gelassen bleiben kann. Kann ich nicht, es nervt. Ich mag diesen Körperkontakt nicht. Ich brauche die Distanz. Aus dieser Sicht hat es mir in Ladakh deutlich besser gefallen. Die Mischung aus Ladakhi, Tibetern, Nepalesen war eine sehr sympathische Mischung.
Wir machten uns zügig auf Richtung Berg. Knieschonend stieg ich langsam höher. Wieder begleiteten uns bettelnde Kinder, die am Berghang und im Wald leben und zu den Familien der Pferdeführer gehören. Ein sehr schwieriges Thema. Generell finde ich es besser, Organisationen zu unterstützen, die dafür sorgen, dass diese Kinder eine Schule besuchen können. Aber ob man irgendwann diese Kinder hier in den Bergen erreichen wird? Ein Bonbon für jeden hatten wir dabei, gefragt hatten sie nach penpenpenpenpen… Immer wieder kamen wir an Teestalls, die für die Reitergruppen Erfrischungen, Tee und sicher auch Essen anboten und alle von alten Männern geführt wurden. Die Jungen begleiten vermutlich die Pferde, die Frauen sind im Zelt und bei den Kindern. Nach einem längeren Marsch nach oben konnten wir den Bergbach überqueren und wanderten wieder abwärts. Eine schöne Abendbeschäftigung.
Ein Paar aus Bad Doberan sahen wir wiederholt an diesem Tag. Sie waren mit einem Opel-Bussi unterwegs und übernachteten unten am Fluss. Das Auto sah schwer nach Weltreise aus – leider schliefen sie länger als wir und wir hatten keine Gelegenheit, morgens nochmal zu quatschen. Ich wünsche gute Reise ☺